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Handwerk Schreiben: So gelingen attraktive Texte

Schreiben ist in vielen Jobs eine Schlüsselqualifikation und auch Visitenkarte. Wer es beherrscht, ist im Vorteil. Redaktor Rolf Murbach verrät einige Tipps, wie Sie informative und gut lesbare Texte verfassen.

Frau schreibt am Laptop - Symbolbild für Blogbeitrag mit Schreibtipps für kreative Texte

Anfang

Ein erster Satz lanciert den Text. Kommen Sie schnell zur Sache. Keine langatmigen Einleitungen. Schreiben Sie, was Sie sagen wollen, und bringen es auf den Punkt. Überraschen Sie die Leserin. Beginnen Sie mit einem Zitat, einer starken Aussage, einer Anekdote. Oder sprechen Sie den Leser direkt an. Man vergisst manchmal, dass man das darf – bei Ratgebern und Kolumnen auch in Zeitungstexten.

Adressat

Ein häufiger Fehler: Wir schreiben einen Text und sind uns nicht bewusst, für wen wir formulieren. Es ist wichtig, den Adressaten zu kennen. Dann weiss ich auch, was ich sagen muss, was nicht, und wie ausführlich ich formulieren sollte. Stellen Sie sich Ihre Leserinnen und Leser vor. Formulieren Sie, als würden Sie ihnen das, was Sie mitzuteilen haben, erzählen.

Beziehung

Wenn Sie Briefe und Mails schreiben, ist das wie in einem Gespräch. Sie haben ein Gegenüber. Formulieren Sie wertschätzend, seien Sie klar, aber brüskieren Sie den Adressaten nicht. So erreichen Sie Ihre Ziele eher. Versuchen Sie, sich in den Angesprochenen hineinzuversetzen. Das funktioniert nicht nur in der mündlichen Kommunikation, sondern auch bei Texten.

Blockade

Schreibstau kennen fast alle. Ich sitze vor dem weissen Blatt oder dem Bildschirm und nichts geht. Dies hat oftmals mit zu hohen Ansprüchen an den eigenen Text zu tun. Ich möchte, dass mein Artikel von Anfang an perfekt ist, und liefere mich meinem inneren Zensor aus. Vergessen Sie nicht: Die meisten Texte muss man überarbeiten. Das tun auch Schreibprofis. Schrauben Sie also Ihre (zu) hohen Ansprüche fürs Erste herunter. Schreiben Sie auch mal drauf los. Danach überarbeiten Sie Ihren Text.

Botschaft

Manchmal habe ich Mühe mit dem Schreiben, weil ich nicht weiss, welches meine Botschaft ist. Was möchte ich sagen? Welche Kernaussagen will ich vermitteln? Schreiben Sie in drei bis fünf Punkten, worum es in Ihrem Text geht. Erstens, zweitens, drittens. Formulieren Sie Hauptaussagen kurz und klar. Erst danach schreiben Sie Ihren Text.

Briefsprache

Floskeln sind passé. «Ich bitte um Kenntnisnahme», «Ich beziehe mich auf …», «Leider haben Sie es versäumt, die Rechnung zu bezahlen», «Danke für Ihre Bemühungen» – bitte nicht! Heute schreibt man schnörkellos und direkt. Überlegen Sie, was Sie sagen wollen, dann sagen Sie es. Ohne Umschweife und in korrekter Sprache.

Flow

Im Flow fühlt man sich gut. Man ist eins mit dem, was man tut. Das gilt auch für das Schreiben. Auf einmal fliesst mein Text, ich werde von wundersamen sprachlichen Wendungen überrascht. Ein Gedanke führt zum nächsten. Übergänge hauen einen um. So macht das Schreiben Spass. Nur geschieht das selten. Geben Sie dem Flow eine Chance, versuchen Sie es mit Freewriting. Einfach drauflosschreiben, nichts verwerfen, die Einfälle zulassen, nicht zurückblicken, sondern immer nach vorne schreiben. Nehmen Sie sich 15 Minuten dafür. Überarbeiten können Sie den Text in einem zweiten Durchgang. Oder Sie verfassen nach dem vorbereitenden und klärenden Freewriting einen zweiten Text. Und bedenken Sie: Wenn Ihnen Ihr Text nicht gefällt, können Sie ihn löschen. Dieser Gedanke ist befreiend. Texte sind oft langweilig, sperrig, nichtssagend oder kommen gar nicht erst zustande, weil wir mit mächtigem inneren Zensor schreiben. Im Freewriting hat der nichts verloren.

Routine

Ja, Schreiben kann man nicht einfach so. Man muss, wie bei jedem Handwerk, Routine erlangen. Ihre Briefe schreiben Sie wie im Schlaf. Das hat damit zu tun, dass Sie schon viele ähnliche Texte verfasst haben und sich daher sicher fühlen. Sobald Sie sich anderen, neuen Textsorten widmen, verläuft der Schreibprozess möglicherweise harzig. Doch auch hier wird sich Routine einstellen, sofern Sie sich darauf einlassen.

Textsorte

Das Schreiben ist bisweilen auch schwierig, weil ich mir nicht bewusst bin, mit welcher Textsorte ich meine Botschaft vermitteln will. Sobald ich mich für ein Genre entschieden habe, fällt das Schreiben leicht. Protokoll, Aktennotiz, Interview, Porträt, Abstract, Konzept oder Mahnung funktionieren nach Regeln. Aufbau, Sprache und Ausführlichkeit sind vorgegeben. Entscheiden Sie sich also für eine Textsorte.

Schreibzeit

Man hat nicht immer die Wahl, wann man schreibt. Dennoch: Finden Sie heraus, wann Ihnen das Schreiben leichtfällt. Am Morgen, am Nachmittag, gegen Abend. Das ist je nach Person ganz unterschiedlich. Bei längeren Texten braucht es zudem Disziplin. Man muss sich eine oder zwei Stunden Schreibzeit reservieren – und auf Ablenkungen verzichten: kein Facebook, kein Surfen, keine Ausreden. Schreiben Sie, wenn Sie noch voller Energie sind. Also nicht zuerst alle Mails beantworten, Kleinkram erledigen und dann schreiben. Sondern umgekehrt. Finden Sie auch heraus, wo Ihnen das Schreiben leicht von der Hand geht. Im Büro, im Zug, in der Beiz oder zu Hause. Bedenken Sie: Bei längeren Texten müssen Sie sich von der Aussenwelt abschotten.

Sprache

Schreibe kurz, und sie werden es lesen. Schreibe klar, und sie werden es verstehen. Schreibe bildhaft, und sie werden es im Gedächtnis behalten. So hat es Pulitzer formuliert. Daran sollten wir uns in den meisten Texten halten. Natürlich gibt es Ausnahmen; eine Reportage zum Beispiel ist meist ein längerer Text. Und es gilt: verbal formulieren, verschachtelte Sätze vermeiden, Adjektive zurückhaltend verwenden, aktive Formulierungen den passiven vorziehen.

Stil

Kann man sich einen Stil aneignen? Man muss seinen Stil entwickeln. Schreiben Sie oft, lesen Sie viel (und unterschiedliche Texte), analysieren Sie, weshalb Ihnen eine Mail, eine Erzählung oder eine Reportage gefällt. Lesen Sie mindestens einmal im Leben eine Stilkunde, zum Beispiel von Wolf Schneider. Sie werden sehen: Stilvolles Schreiben ist ein Handwerk. Man kann es lernen.

Struktur

Soll ich meinen Text zuerst planen, also einen Aufbau skizzieren, oder soll ich einfach drauflosschreiben? Das hängt von Ihrem Schreibtyp ab. Es gibt Menschen, die brauchen, bevor sie sich an die Arbeit machen, eine Struktur. Andere bevorzugen das assoziative oder intuitive Formulieren. Probieren Sie beides aus. Formulieren Sie Ihren Text aus einem starken Anfang heraus. Oder planen Sie vorgängig mit Stichworten, die Sie in die richtige Reihenfolge setzen. Bei längeren Texten ist es sinnvoll, zuerst einen Plan zu erstellen. Je routinierter Sie sind, desto einfacher fällt Ihnen auch bei ausführlichen Texten das Drauflosschreiben. Überarbeiten sollten Sie Ihre Texte immer: inhaltlich, sprachlich, formal.

Tarzan

Das ist eine Schreibhaltung. Formulieren Sie Ihren Text mit Schwung, zögern Sie nicht, überraschende Volten einzuschlagen. Lassen Sie sich von Ihrem Text treiben und zensurieren Sie nicht. Das Gute: Ihr Text ist gehaltvoll, überraschend, kreativ. Die Gefahr: Ihr Text ist chaotisch. Der Gegenspieler von Tarzan heisst Big Brother: Kaum ein Satz geschrieben, gleich verworfen. Weil nicht schön, weil nicht korrekt, weil nicht stimmig. Zu viel Big Brother führt zu Blockaden. Probieren Sie beide Schreibhaltungen aus.

Tonalität

Vielleicht bewundern Sie gewisse Autoren. Wie sie schreiben, wie sie Sachverhalte auf den Punkt bringen und wie Sie durch Auslassungen glänzen. Kann man das lernen? Probieren Sie es aus. Versuchen Sie andere zu imitieren. Schreiben Sie regelmässig, nicht nur berufliche Texte. Führen Sie ein Tagebuch. Sie werden sehen: Ihre Sprache verändert sich.

Überarbeitung

Texte müssen Sie überarbeiten. Beim Entwurf konzentrieren Sie sich auf den Inhalt. Formales ist bei einem ersten Durchgang weniger wichtig. Es geht auch darum, herauszufinden, was Sie überhaupt sagen möchten; indem Sie schreiben, finden Sie es heraus. Dann wird gestrichen, ergänzt, werden Wiederholungen ersetzt – so lange, bis Ihr Text logisch, argumentativ und sprachlich korrekt ist. Das ist bisweilen Knochenarbeit. Es heisst: Arbeit an der Sprache ist Arbeit am Gedanken. Arbeit am Gedanken ist Arbeit an der Sprache.

Rolf Murbach

Rolf Murbach (www.rolfmurbach.com) ist Redaktor bei Context, der Zeitschrift des Kaufmännischen Verbands, Dozent und Schreibcoach.

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