Interview mit Rosemarie Rossi
Anfang Januar 2024 ist die AHV-Reform 21 in Kraft getreten. Welche sind die wichtigsten Massnahmen, die sich auf die staatliche Vorsorge auswirken?
Die Reform umfasst im Wesentlichen 4 Punkte:
1. Erhöhung des Frauenrentenalters
Das Rentenalter der Frauen wird jenem der Männer angepasst. D. h., das Frauenrentenalter – neu als Referenzalter bezeichnet – wird stufenweise auf 65 Jahre erhöht.
2. Übergangsregelungen
Die Übergangsgeneration mit den Jahrgängen 1961 – 1969 erhält spezielle Konditionen, sofern die betroffenen Personen einen Vorbezug ihrer Altersrente in Betracht ziehen.
3. Flexibler Rentenbezug
Neu kann die Altersrente zwischen dem 63. und 70. Altersjahr monatlich bezogen werden. Bei einem Vorbezug, also einem Rentenbezug vor Erreichen des Referenzalters, wird die Rente lebenslang gekürzt; bei einem Rentenaufschub kann sie bis zur maximalen Rente erhöht werden.
4. Erhöhung der Mehrwertsteuer
Der Normalsatz der Mehrwertsteuer ist von 7.7 % auf 8.1 % erhöht worden, der reduzierte Satz von 2.5 % auf 2.6 %. Diese Erhöhung der Mehrwertsteuer fliesst als Zusatzfinanzierung teilweise der AHV zu.
Können Sie am Beispiel einer 30- und 60-jährigen Frau aufzeigen, wie sich die Erhöhung des Frauenrentenalters auswirkt?
Eine 30-Jährige mit Jahrgang 1994 wird ihre AHV-Rente nach aktueller Gesetzgebung mit 65 Jahren beziehen können. Persönlich gehe ich davon aus, dass junge Frauen im Laufe ihres (Erwerbs-)Lebens mit einer weiteren Erhöhung des Rentenalters rechnen müssen.
Eine 60-Jährige mit Jahrgang 1964 gehört zur Übergangsgeneration: Sie erhält ihre Altersrente mit 65 Jahren und zählt damit zur ersten Generation, die mit diesem Alter pensioniert wird.
Übersicht der betroffenen Jahrgänge
Jahr der Pensionierung | Referenzalter der Frau | Geburtsjahrgang |
2024 | 64 Jahre, keine Erhöhung | 1960 |
2025 | 64 Jahre und 3 Monate | 1961 |
2026 | 64 Jahre und 6 Monate | 1962 |
2027 | 64 Jahre und 9 Monate | 1963 |
2028 | 65 Jahre | 1964 |
Wie hoch ist eine durchschnittliche AHV-Rente in der Schweiz? Wird diese auch der Teuerung angepasst?
Das ist in der Tat eine interessante Frage. Die Durchschnittsrenten unterscheiden sich massgeblich, wenn der Zivilstand miteinbezogen wird.
Die Durchschnittsrente einer ledigen Frau beträgt CHF 1911 pro Monat, die Rente einer verheirateten Frau hingegen CHF 1537. Im Vergleich dazu beläuft sich die Durchschnittsrente eines verheirateten Mannes monatlich auf CHF 2006. Dies liegt daran, dass verheiratete Frauen eher Teilzeit arbeiten oder sich ohne Erwerbslohn der Familienarbeit widmen. Diese Beträge ändern sich dann, wenn beide Eheleute eine Rente beziehen. Nimmt man den Gesamtdurchschnitt, welcher verwitwete, geschiedene und getrennte Personen mit einrechnet, beläuft sich die AHV-Rente bei Männern auf CHF 1862, bei Frauen auf CHF 1884. (Quelle: Bundesamt für Sozialversicherungen BSV, Stand Dezember 2022)
Die Renten aus der AHV und IV werden alle zwei Jahre der Preis- und Lohnentwicklung angepasst. Die letzte Anpassung fand 2023 statt. Somit werden die Renten im Jahr 2024 nicht erhöht.
Die nächste Volksabstimmung zur beruflichen Vorsorge steht bereits vor der Tür. Was ist geplant?
Am 3. März 2024 wird über 2 sozialpolitische Anliegen abgestimmt:
- «Volksinitiative für ein besseres Leben im Alter», welche eine 13. AHV-Altersrente vorsieht;
- «Volksinitiative für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge», die eine weitere Erhöhung des Rentenalters implementieren will.
Die Volksabstimmung zum Referendum gegen die vom Parlament beschlossenen Änderungen des BVG wird später im Jahr folgen. Vorgesehen ist Folgendes:
- die Senkung des Umwandlungssatzes von 6.8 % auf 6 % (mit dem Umwandlungssatz wird vom Alterskapital ausgehend die jährliche Altersrente berechnet);
- die Senkung der Eintrittsschwelle (ab wann ist man BVG-pflichtig?);
- die Senkung des Koordinationsabzugs;
- die Änderung der prozentualen Altersgutschriften; neu gibt es nur noch zwei Altersstufen:
25 – 44 Jahre mit einer Altersgutschrift von 9 % und
45 – 65 Jahre mit einer Altersgutschrift von 14 %.