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Sozialkompetenzen sind erlernbar – je früher, desto besser

Freundliche und wertschätzende Umgangsformen öffnen bekanntlich viele Türen. Doch auch sie unterliegen einem ständigen Wandel. Sollen Kundinnen und Kunden besser mit «Sie» oder eher mit «Du» angesprochen werden? Welche Erwartungen bestehen kundenseitig gegenüber Dienstleistungsanbietern? Unterscheiden sich diese je nach Generation und Branche?

Antworten auf diese und weitere Fragen rund um Umgangsformen und Sozialkompetenzen gibt uns Susanne Abplanalp. Sie hat hierzu Ende 2023 eine umfangreiche Marktstudie in der Deutschschweiz durchführen lassen.

Symbolbild zeigt Hände mit einem Herzen auf der Handfläche, welche unterschiedlich hoch in die Luft gestreckt sind.

Sozialkompetenzen und Wertschätzung im Kundenkontakt und Berufsalltag

Hat sich die Freundlichkeit im Dienstleistungssektor in der Schweiz verändert? Falls ja, inwiefern?

40 % der Befragten sind der Meinung, dass das Servicepersonal im Vergleich zur Situation von vor 3 bis 5 Jahren unfreundlicher geworden ist.

Bei den jüngeren Generationen Z und Y, d.h. bei den 16-44-jährigen, ist sogar knapp die Hälfte der Befragten dieser Meinung. Besonders stark hat die Freundlichkeit aus Sicht der Befragten in Geschäften, in der öffentlichen Verwaltung und im öffentlichen Verkehr sowie bei der Kundenbetreuung in Telekommunikations- und IT-Firmen abgenommen.

Andererseits gibt es aber auch Branchen, in denen die Freundlichkeit zugenommen hat, so beispielsweise in Hotels und Restaurants, in Arzt- und Zahnarztpraxen sowie bei Handwerkern, Banken und Versicherungen.

Welche Umgangsformen werden von Kundinnen und Kunden besonders geschätzt? Was ist ihnen weniger wichtig?

Die Top 7 der Sozialkompetenzen nach Wichtigkeit geordnet sind: Verbindlichkeit, Freundlichkeit, auf Bedürfnisse eingehen, Begrüssung, sich Zeit nehmen, Motiviertheit und Vertrauenswürdigkeit.

Als eher unwichtig gelten die Nennung des Namens und ein Handschlag.

Siezen oder Duzen? Während früher die Sie-Form ein Muss in der Ansprache von Kundinnen und Kunden war, wird die Kundschaft heutzutage des Öfteren mit Du angesprochen. Wie wird dies aus Kundensicht wahrgenommen?

Die Auswertungen zeigen, dass die Generation Z im Allgemeinen offener für das Du ist als die älteren Semester. Je nach Branche bevorzugen aber auch die Jungen das Sie, beispielsweise bei der Kundenansprache in Banken oder Versicherungen, aber auch im Hotel, was eventuell überraschen mag.

Die nachfolgenden Grafiken zeigen die Präferenzen von Kundinnen und Kunden in der persönlichen Ansprache, aufgeschlüsselt nach Branchen und Altersstufen. (Für eine grössere Ansicht klicken Sie auf die Bilder.)

Sie sind in der Studie auch der Frage nachgegangen, ob soziale Kompetenzen erlernbar sind. Wie ist die Meinung dazu?

Die Auswertungen zeigen, dass alle Altersgruppen der Meinung sind, dass Sozialkompetenzen erlernbar sind. Die grosse Mehrheit der Befragten plädiert dafür, «Sozialkompetenz» als Schulfach in den Lehrplan aufzunehmen, und zwar möglichst früh, d. h. bereits in der Unter- oder Mittelstufe. Auch die Oberstufe wäre für viele der Befragten gut geeignet, um Umgangsformen zu vermitteln.

Gute Umgangsformen werden nicht nur von Kundinnen und Kunden geschätzt. Wie wirken sie sich auf den Erfolg im Berufsleben aus?

In allen Altersgruppen ist unbestritten, dass Menschen mit hoher Sozialkompetenz beruflich erfolgreicher sind. Am meisten davon überzeugt ist die Boomer-Generation.

Personen mit hoher Sozialkompetenz sind bei Kundinnen und Kunden wie auch im Team beliebter; sie haben im Kundenkontakt weniger Probleme, erhalten mehr (Weiter-)Empfehlungen und sind bei Vorstellungsgesprächen erfolgreicher, so die Meinung der Befragten.

Welche Bedeutung hat Wertschätzung im beruflichen Kontext?

Vor allem für die Generationen Z bis X, d. h. für die 16- bis 59-Jährigen, ist ein wertschätzender Umgang mit Arbeitskolleginnen, -kollegen und Vorgesetzten am Arbeitsplatz wichtig.

Verschiedene ältere Studien belegen, dass Personen, die Wertschätzung im Team erfahren, im Kundenkontakt selber ebenfalls wertschätzender auftreten; sie sind motivierter und weniger oft krank.

Eine einfache und effektive Art, Wertschätzung im Team zu fördern, ist, Kolleginnen und Kollegen, respektive Direktunterstellte, um Rat zu fragen. Insbesondere jüngeren Personen ist eine Kommunikation auf Augenhöhe wichtig. Zwar verfügen sie aufgrund des Altersunterschiedes über weniger Erfahrung; dennoch bringen sie mit ihrer Meinung die Sichtweisen ihrer Generation mit ein, die für den Gesamtkontext sehr wertvoll sind.

Inwieweit decken sich die Resultate der Studien mit Ihren Erfahrungen und Feedbacks aus Ihren Kursen?

Die Erkenntnis, dass junge Menschen weniger hohe Erwartungen an die Umgangsformen von Kundenpersonal bei Dienstleistungsanbietern haben, hat mich ehrlich gesagt erstaunt.

Als ich einen Lernenden fragte, was dies für ihn bedeute, meinte er, dass er sich folglich bei jungen Personen weniger Mühe geben müsse. Dies brachte mich zum Schmunzeln. Hinsichtlich der Du-Sie-Anrede bestätigen mir Lernende, dass sie bei Banken- oder Versicherungsangelegenheiten als Kundinnen und Kunden selbst ebenfalls lieber mit Sie angesprochen werden. Sie finden das Sie in diesem Kontext professioneller.

Ich finde es wichtig, dass die Generation Z weiss, dass ältere Kundinnen und Kunden oft höhere oder, vielleicht passender formuliert, andere Erwartungen haben als jüngere Personen. Kennen sie diese, können sie besser auf ihr Gegenüber eingehen und somit eine höhere Servicequalität bieten.

Bei den Top 7 Sozialkompetenzen wird Freundlichkeit gleich nach Fachkompetenz und Verbindlichkeit aufgeführt. Dies ist interessant, denn die Aneignung von Fachkompetenzen braucht Zeit. Freundlichkeit hingegen kann mit wenig Aufwand so viel bewirken! Bei den Teilnehmenden in meinen Kursen führt dies oftmals zu einem Aha-Erlebnis. Dies freut mich, denn die meisten von ihnen sind motiviert, freundlicher im Alltag zu sein. Das Schöne dabei ist, dass Freundlichkeit ansteckend ist und meist zurückkommt. So profitieren alle davon: die Kundinnen und Kunden, die Mitarbeitenden selbst und das ganze Team.

Wichtig finde ich, dass der Umgang mit Kundinnen und Kunden persönlich ist. Freundlichkeit geht einher mit einem wahren Interesse am Gegenüber. Es braucht Empathie, um Kundenbedürfnisse zu erkennen und richtig einzuordnen. Wer mit einem positiven Mindset in den Tag startet, wird meistens belohnt, mit einem Lächeln oder einer kleinen Geste.

Die Marktforschungsstudie wurde im November 2023 von der Polyquest AG durchgeführt. Es wurden in der ganzen Deutschschweiz 927 Personen aller Altersgruppen befragt. Auftraggeberin war Susanne Abplanalp von Knigge Today.

Susanne Abplanalp

Susanne Abplanalp ist Expertin für Sozialkompetenz und Business Knigge. Seit Jahren gibt sie in Seminaren und Fachbeiträgen ihr Wissen rund um moderne Umgangsformen, professionellen Auftritt sowie wertschätzendes Verhalten weiter. Im Verlag SKV ist ihr Buch «Der Office Knigge» erschienen.

Der Office-Knigge für einen souveränen Umgang mit Kunden, Kundinnen und im Team verweist auf weitere Studien, die aufzeigen, dass sich Freundlichkeit lohnt. Das Buch enthält praktische Tipps und Anekdoten aus dem Berufsleben von Susanne Abplanalp.

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